1986 „flüchtete“ ich von Karl-Marx-Stadt, mein Hab und Gut in einem„Russencontainer“ verstaut, in die Halbstadt & Ostmetropole Berlin und besetzte eine verlassene Wohnung in Baumschulenweg - schließlich stand an der Kirche nebenan die Einladung: „In meines Vaters Haus sind viele Wohnungen frei“.
Mit Klaus Hähner-Springmühl hatte ich bereits angefangen, an unserem ersten gemeinsamen Buch zu arbeiten. Klaus hatte zufällig Texte von mir gelesen und darauf Zeichnungen zu einem Gedicht angefertigt.
An Wochenenden stieg ich in den Zug nach „Kalle-Malle“ und dann hockten wir stundenlang in seinem „Schlupfwinkel der Liederlichkeit“, wie ich seine wilde Bude, das Atelier in der Richterstraße 9, nannte, um aus dem Konvolut der „Bodenarbeiten“ das Passende herauszusuchen bzw. „in einem Prozess“ an Texten und Details zum Druck und der Gestaltung unseres Werkes zu experimentieren. Klaus gefiel die konzentrierte und zielgerichtete Herangehensweise. Wie immer fehlte natürlich das Geld ...
Wir nannten unser Werk „second hand“ und wirklich, wir verkauften einige Exemplare, sogar in den Westen. ( > > > weiter 1992)
JOERG WAEHNER
1986
Am 30. August 1986 fuhr ich nach Karl-Marx-Stadt, um im Jugendclub „Würfel“, der seinerzeit ein beliebter Treffpunkt der Kulturszene war, aus meinen Texten zu lesen, die ich in der Eile mit Schere und Klebstoff montiert hatte. Sowie mit den Freunden von der AG Geige einen Auftritt zu wagen, für den wir zuvor geprobt hatten. Ich weiß nicht mehr genau: drei Mal?
Zwei Mal? Ein Mal? - Jedenfalls ist jetzt das Tondokument in Form einer ORWO-Kassette aufgetaucht ...
der hahn im sperrmüll
umlagern / aufschichten / übermalen
drauflegen / abknicken liebäugeln
mit dem mittagsknochen &
ahnungslos begehren auf ziel
lose umstände / halber vegetativ
vegetieren und lobsingen
erfolg vermehrend
„Wie sehr sich in der fragmentarischen Verbindung von Fotografie und Malerei eine existenzielle Aussage widerspiegelt, lässt sich an den Arbeiten entschlüsseln, die Klaus Hähner-Springmühl für eine handgemachte Siebdruckmappe mit einem Text von Joerg Waehner unter dem Titel ,second/hand/Der andere LENZ (für Georg Büchner)‘ zusammengestellt hat. Ohne Pathos und Illusion sieht sich der Künstler hier in den Müllhalden eines steril purifizierenden Kulturverbrauchs eingebunden, der alle Spontaneität des Ichs im gesellschaftlichen Konsum ausweglos zur Ware aus zweiter Hand vertrocknen lässt.“
Karin Thomas, „Niemandsland“, 1988
NOTEINGANG, 1986
Text Joerg Waehner
Fotografien Stefanie Schmoll