JOERG WAEHNER
1990
Jetzt war ich Gründungsmitglied des Berliner Lyrikverlags „Druckhaus Galrev“, den Autoren vom Prenzlauer Berg, aus Ost und West wiedervereint, in der Lychener Straße gerade ins Leben gerufen hatten.
Das Firmenlogo für Verlag & Café habe ich noch von Hand gemalt, damit wir zur Eröffnung ein „Aushängeschild“ hatten. Seit 6. März 1990 waren wir als OHG beim Amtsgericht Charlottenburg eingetragen.
27.04. bis 23.05.1990 - Erste Personalausstellung in Friedrich Loocks legendärer WOHNMASCHINE in der Berliner Tucholskystraße:
Zuerst wurde das Bett weggeräumt, dann Tee gekocht und anschliessend regierte die Kunst.
Daraus entstand eine neue Freundschaft und ich wurde Künstler der „Galerie Wohnmaschine“.
Der Schreibverlust ist Kalkül. Ein Lippenbekenntnis dilettiert ins Fotomasochistische. Ein Menü aus den abgetrennten Fingern der linken Hand. Sakrileg der Unbescheidenheit. Auszufahren, um eine Reise vorzutäuschen. Kreise ziehend um die Blickfreiheit aus dem Kellerfenster.
NEUES DEUTSCHLAND
Reithalle, Basel
14. Juli bis 14. August 1990
ZELLINNENDRUCK
Galerie EIGEN+ART, Leipzig
2. bis 25. März 1990
Literarisches Colloquium Berlin
19. bis 29. Juni 1990
Originalgraphische Publikationen seit Anfang der 80er Jahre „ausserhalb der Zentren staatlicher Kontrolle“ (Christoph Tannert) in der DDR
Peter Schneider schrieb 1990 in der TAZ unter der Überschrift „Diktaturschaden“: Ich habe lange, genauer gesagt, seit dem ästhetischen Blutbädern, die weiland Mühl und Nitsch vor gut 20 Jahren angerichtet haben, nicht mehr soviel Schweinefleisch, Blut, Eingeweide, Hoden, Schamhügel künstlerisch arrangiert gesehen.
Als Motto stand über dem ,Commisariat‘ der Spruch: ,Die Faust im Muttermund‘ ...“
25 Jahre später erinnert die TAZ: „Ein Leitspruch der Ausstellung war:
,Die Faust im Muttermund‘.“ -
Die zweite Installation von Joerg Waehner
„,Im Citroen mit Panzerglas und Standarte spiegelt sich mein Gesicht und neben mir das des Mannes in Zivil als Kinder der gleichen Republik‘ ... Eine mit schwarzer Farbe auf eine Stoffbahn gemalte Schrift, daneben eine Installation: Scherben, ein Stalinplakat mit verwischtem Gesicht und roten Fahnen, ein rotes Plakat auf der Erde ,Unser Dank gilt Dir, Partei‘ - darunter der bekannte Händedruck, ein großer Topf mit der Aufschrift ,Stalinsoße‘, eine Waschmaschine ,Große Säuberung‘ ... das ist eine der härtesten und bittersten Zustandsbestimmungen, die auf der großen Schau der DDR-Kunst in der Pariser Grande Halle de la Vilette an den drei letzten Tagen der vergangenen Wochen gezeigt wurden. Im gleichen Raum hängt noch eine Stofffigur mit rotbeschmiertem Kopf, in dem ein Trichter steckt.“ / Ralf Schuler, „Neue Zeit“
„Und in Sachen Kunst waren nur Joerg Waehner und Kurt Buchwald losgezogen. Am Eifelturm und am Arc de Triomphe hatten sie, wie letztes Jahr unter anderem in Ost-Berlin an der Weltzeituhr ihre Aktion ,Fotografieren verboten‘ gemacht und dort entsprechende Verbots-Schilder aufgestellt. Und wie damals in Ost-Berlin wurden sie auch am Arc de Triophe verhaftet - wie sich die Systeme dann doch wieder gleichen! Künstler wünscht man sich auch in Paris pflegeleicht.“
„Ein Volks-Kultur-Betriebs-Ausflug“, Gabriele Riedle, SFBB1, 24.01.1990